„Wenn ICH was zu sagen hätte…“
Als Raffaela diese Worte aus dem Munde ihrer Freundin Anna hörte, stellte sie auf Durchzug. Immer, wenn Anna betrunken war, kam ihre reaktionäre Seite zum Vorschein. Dann hatte sie die Lösung für Klimawandel, Migrationskrise, Corona-Epidemie, den Stau auf der Autobahn und die Trainermisere bei Bayern München.
Raffaela griff nach dem Glas Aperol und kippte den nicht unerheblichen Rest des Glases hinunter. Ultra-All-Inclusive. Raffaela bereute die Wahl dieses Reiseangebots inzwischen. Nicht, dass dieses 5-Sterne-Superior-Hotel hier auf Ibiza nicht hielt, was es versprach. Ganz im Gegenteil. Die vier Freundinnen konnten sich hier nach allen Regeln der Kunst verwöhnen lassen. Ultra-All-Inklusive bedeutete aber auch, dass man sich am bunten Cocktail-Angebot der diversen Bars uneingeschränkt bedienen konnte. Um zehn Uhr Vormittag hatte Tina freudestrahlend das erste Tablett mit vier Cocktails von der Pool-Bar geholt und auf den kleinen Tischchen zwischen den Sonnenschirmen abgestellt. Keine der anderen drei Damen zeigte sich sonderlich begeistert. Abgelehnt wurde der frühe Drink aber auch von niemandem. Viele, zu viele, weitere Cocktails sollten folgen. Jetzt war es acht Uhr abends und die Freundinnen saßen beim Abendessen. Raffaela, Tina und Sonja waren geplättet von Hitze, Sonne und Alkohol und schwiegen sich erschöpft an. Nur Anna konnte nicht den Mund halten und löste mit ihren simplen Ideen alle Probleme der Welt.
Raffaela brannte die Haut. Die Cocktails am Pool hatten nicht dazu beigetragen, dass sie sich ausreichend um ihre Sun-Care gekümmert hätte. Shit – sie sah aus wie eine dieser verrückten Britinnen, die sich am ersten Urlaubstag am Pool die Kante gaben und sich einen Sonnenbrand holten, der jeden Dermatologen vor Entsetzen in Ohnmacht fielen ließ. Raffaela ärgerte sich über sich selbst.
Sie blickte müde zu den anderen Tischen. Ihre Aufmerksamkeit fiel auf den dunkelhaarigen Mann, der wohl ein paar Jahre jünger war als sie selbst. Ihre Blicke hatten sich an diesem langen Tag am Pool mehrmals getroffen. Der Arme war mit seiner äußerst kapriziösen Ehegattin und zwei lästigen Bälgern hier auf Urlaub. Die Ehegattin spannte ihn ein, wann immer sie konnte. „Ich habe meine Sonnenbrillen am Zimmer vergessen!“ „Könntest du mir bitte den Rücken eincremen?“ „Die Kleine muss auf die Toilette, merkst du das nicht?“
Der Mann spielte mit den Kindern im Sand, betreute sie im Kinderbecken, holte Getränke und Eis und verwöhnte die ganze Familie. Zwei Mal versuchte er, einen Blick in sein Buch zu werfen (Milan Kundera – „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“), doch schaffte er immer nur zwei bis drei Seiten.
Am Nachmittag spitzte sich die Lage zu. Nun wurde er nicht nur als Dienstbote und Lakai behandelt, sondern war auch an allem schuld, was seiner Göttergattin nicht konvenierte. Ob es um die angeblich seltsam schmeckenden getrockneten Erdbeeren in den Cerealien vom Frühstücksbüffet, dem Raumduft in den Toiletten oder den Duschkopf im Badezimmer der Luxussuite ging – nichts passte.
Der Höhepunkt der Demütigungen war erreicht, als die Frau seine Hand brüsk von ihrem Bäuchlein schob. Es war ein vorsichtiger Versuch von körperlicher Nähe gewesen, als der Mann seine Hand zärtlich auf den Bauch der neben ihm in der Sonne liegenden Frau gelegt hatte. „Ich will ja keine hellen Flecken auf meiner braunen Haut!“, sagte die Lady nur, drehte sich um und präsentierte der Sonne – und ihrem zurückgewiesenen Gatten – ihre Rückseite.
Der gute Mann war von der passiv-aggressiven Sorte. Hatte er die ersten Handgriffe für seine Liebsten noch gerne gemacht, so verschlechterte sich seine Stimmung zusehends. Er beschwerte sich allerdings nicht. Nicht der geringste Versuch, diese toxische Situation auf eine gesündere Basis zu stellen. Fasziniert konnte Raffaela beobachten, wie der Druck in diesem Mann anstieg wie in einem Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Die brünette Schönheit an seiner Seite schien dies alles nicht zu bemerken. Oder sie ignorierte ihren Mann einfach. Sie räkelte sich vergnügt in ihrem Liegestuhl hin und her – dies war scheinbar alles, was zählte.
Raffaela wandte ihren Blick ab. Sie fühlte sich unbehaglich. Weder wollte sie sich zu sehr in die Lage dieses Mannes vertiefen, noch den Weisheiten ihrer Freundin Anna folgen. Raffaela setzten nun die Cocktails merklich zu und auch ihre Libido machte sich nachdrücklich bemerkbar. Wieso nur hatte sie immer so viel Lust auf Sex, wenn sie Hitze und Sonne ausgesetzt war und nichts zu tun hatte, als bequem am Pool zu liegen? Die vielen Drinks waren ihrer sexuellen Lust auch alles andere als abträglich. Raffaela hatte nicht nur einen Sonnenbrand und einen heftigen Schwips, sie war auch spitz wie ein Kirchturm. Apropos Kirchturm: Sie brauchte jetzt dringend etwas knackig Pralles zwischen den Beinen, sonst würde sie die Wände hochgehen. Als Raffaela zu ihrem Zimmerschlüssel griff, war sie mit ihren Gedanken schon ganz bei ihrem kühlen, silbernen Vibrator, den sie in weiser Voraussicht mit auf diesen Kurzurlaub genommen hatte. „Mir reicht es für heute, Leute!“, erklärte sie und erhob sich. Mit Entsetzen bemerkte sie, wie weich ihre Knie waren. Sie hatte das Gefühl, auf einem Schiff zu stehen, das mit hohem Wellengang zu kämpfen hatte. Raffaela konzentrierte sich, denn sie wollte sich ihren Zustand nicht anmerken lassen. Die Proteste ihrer Freundinnen über ihren frühen Rückzug überhörte sie einfach. Aus Neugierde blickte sie noch einmal kurz zu dem dunkelhaarigen Mann am Nachbartisch. Dieser erwiderte ihren Blick. Und im nächsten Moment – und dies ging ganz schnell und ohne einen Augenblick des Überlegens – beobachtete sich Raffaela selbst dabei, wie sie dem Mann mit einer kurzen Geste – sie deutete kaum merklich mit ihrem Kopf Richtung Strand – eine nonverbale Einladung für Sex on the Beach zukommen ließ. Sie bildete sich ein, ein kurzes, zustimmendes Kopfnicken gesehen zu haben.
Raffaela atmete tief durch und versuchte, nicht allzu wackelig den Pfad durch die Park- und Poolanlage des Hotels Richtung Strand zu nehmen. Nach ein paar Schritten fühlte sie sich besser. Auch die ärgste Müdigkeit war nun ihrer Vorfreude auf die Begegnung mit diesem Mann gewichen. Am Strand war nichts los. Mit jedem Schritt, den die blonde Frau machte, klangen die Geräusche der Ferienanlage gedämpfter. Stattdessen schob sich das Rauschen der Wellen in Raffaelas Aufmerksamkeit. Im Westen verging gerade die letzte Glut eines spektakulären Sonnenuntergangs. Raffaela aber wandte sich nach Osten. Denn hier grenzte nicht sofort das nächste Ressort an jenes, in dem Raffaela mit ihren Freundinnen diese Sonnentage verbrachte. Entsprechend ruhig war es an diesem Strandabschnitt. Sie blickte sich um. Es war niemand zu sehen. Auch nicht der Dunkelhaarige.
Raffaela setzte sich auf das Boot der Wasserrettung, das ein paar Meter den Strand hochgezogen worden war. Der Schwindel hielt sich nun in Grenzen und so schaffte es Raffaela, die langsam etwas kühler werdende Brise zu genießen. Die Dünung war äußerst sanft. Ein wenig Licht spiegelte sich in den Wellen. Raffaela atmete durch. Da riss sie ein Geräusch aus ihrer Gedankenverlorenheit. Sie drehte ihren Kopf und – siehe da – da kam der Dunkelhaarige! Ihre Lust, die sich gerade zu legen begonnen hatte, kochte erneut auf. Der Mann hatte gerade die Pool- und Gartenlandschaft der Anlage hinter sich gelassen und war über zwei, drei Stufen hinunter auf den Strand gestiegen. Er steuerte direkt auf sie zu. Raffaela erhob sich und blickte sich um. Der Turm der Wasserrettung war nur ein halbes Fußballfeld weit entfernt. Ideal für Spontansex am Strand.
Schnell entfernte Raffaela ihre Haarspange und ließ ihre langen blonden Haare offen über ihren Rücken fallen. Sie raffte ihr Standkleid nach oben, sodass der Mann mehr von ihren Beinen zu sehen bekam. Dann wandte sie dem sich nähernden Mann ihren Rücken zu und ging betont lasziv auf den Turm zu.
Der Mann hatte es nicht eilig und kam nur langsam näher. Als Raffaela die Holzsprossen, die hinauf auf den Watchtower führten, erreicht hatte, fehlten ihrem Freier aber nur noch drei, vier Armlängen. Raffaela sah dem Mann ins Gesicht. Durchaus attraktiv, fand sie. Doch Erschöpfung und Enttäuschung über den Tag waren ihm deutlich anzumerken.
Raffaela sagte nichts, sondern schickte sich an, die Leiter hochzuklettern. Sie fühlte sich dabei etwas unsicher, doch wurde sie mit einer offenen Tür ins Innere des Ausgucks belohnt. Die etwa 4×4 Meter große Plattform war überdacht und wie ein Balkon an den drei dem Meer zugewandten Seiten offen. Ein Plakat mit Erste-Hilfe-Techniken, ein versperrter Metallschrank, eine Uhr und ein altmodisches Wandtelefon sowie eine Karte mit dem Küstenabschnitt fielen Raffaela als erstes auf. Und ein Stapel mit sauberen Handtüchern. Raffaela lehnte sich an die Reling und schob sich ihr Sommerkleid über die Hüften. Dann präsentierten sie dem Mann ihren sonnenverbrannten Arsch. Gespannt blickte Raffaela hinaus auf das Meer. Natürlich war Raffaela neugierig, was gerade hinter ihr vor sich ging. Sie beherrschte sich aber und drehte sich nicht um. Sie wollte sich die erotische Überraschung nicht verderben.
„Sie sind betrunken, haben einen Sonnenbrand und ich hasse gerade alle Frauen! Sind Sie sich sicher, dass das hier eine gute Idee ist?“, hörte Raffaela den Mann sagen. Im gleichen Moment hatten sie zwei kräftige Hände an den Hüften gepackt und gegen die Lenden des Mannes gedrückt. Was sich da gegen ihre Pobacken presste, versetzte Raffaela in Entzücken.
„Ich habe gesehen, wie Ihr Tag gelaufen ist!“, sagte Raffaela voller fiebriger Ungeduld. Dabei drehte sie dem Mann, soweit es möglich war, das Gesicht zu. „Ich bin für Sie da. Reagieren Sie sich an mir ab! Und halten Sie sich dabei nicht zurück!“ Als Bestätigung für das Gesagte wackelte Raffaela ein wenig mit ihrem runden Hinterteil.
„Wenn das so ist…“, sagte der Mann ruhig. Im nächsten Moment klatschte eine Hand so heftig gegen ihren Arsch, dass Raffaela die Luft wegblieb. Der Schlag auf ihre gerötete Haut brannte fürchterlich und trotzdem empfand Raffaela Lust dabei, als sich das Brennen des Schmerzes in ein knuspriges Prickeln verwandelte. Der nächste Schlag, diesmal auf die rechte Pobacke, ließ nicht lange auf sich warten. In den ersten zwei, drei Sekunden ließ der Schmerz Raffaela buchstäblich Sterne sehen, dann aber brodelte es unter ihrer Haut. Eine wohlige Gänsehaut breitete sich von ihrem Po aus über ihren ganzen Körper. Ihr Rücken spannte sich reflexartig zu einem Hohlkreuz, ihr Arsch ragte dem Mann noch einladender entgegen und schon klatschte seine Hand ein weiteres Mal auf ihr Hinterteil. Jetzt krümmte sich Raffaelas Rücken nach vorne über die Reling. Damit war der Mann aber nicht einverstanden. „Da bleiben!“, raunte er, packte sie an den Haaren und zog die stöhnende Frau temperamentvoll zu sich. Jetzt war der Rücken wieder zum Hohlkreuz gespannt. „So ist es brav!“, hörte Raffaela den Mann sagen. Gegenüber seiner Frau war dieser Mann ein folgsamer Befehlsempfänger, aber jetzt war er völlig anders. Raffaela war vom Ausmaß dieser Metamorphose überrascht. Ihre kognitiven Fähigkeiten reichten aber gerade nicht aus, um sich länger als ein paar Augenblicke lang darüber zu wundern.
Im nächsten Moment rammte sich eine ausgesprochen prächtig entwickelte Erektion zwischen ihre Schenkel in ihr Inneres. Der Mann hatte ihre Einladung offenbar angenommen. Er fickte sie mit einer Vehemenz und Rohheit, die es in sich hatte und ganz nach Raffaelas sexuellem Geschmack war. „Selten sowas Dekadentes wie dich gesehen!“, stöhnte der Mann. Er betrieb seine Triebabfuhr mit einer derart ungezügelten Wucht, dass er schon völlig außer Atem war. „Lässt du dich immer ficken, wenn du voll bist?“, fragte der Mann schimpfend und stöhnend und doch voller Lust.
„Immer!“, log Raffaela wie aus der Pistole geschossen. Sie spürte, dass sich der Typ gerade in Rage vögelte, da konnte ein wenig Provokation nicht schaden.
„Dachte ich mir längst!“, keuchte der Mann. „Ich treibe es mit dir die ganze Nacht!“, behauptete er keuchend. „So bist du es sicher gewohnt!“, presste er dann noch hervor. Fast gleichzeitig durchzuckte eine starkstromartige Kraft die Hüften des Mannes. In wenigen Augenblicken entlud sich seine aufgestaute Frustration im Schoß der fremden blonden Frau.
Erschöpft setzte sich der Mann auf einen Stuhl. „Sorry, ich habe das nicht persönlich gemeint!“, sagte er nun verlegen. Er versuchte, den Augenkontakt zu Raffaela zu vermeiden.
„Alles bestens!“, lachte Raffaela. Sie richtete sich ihr Kleid. „Ich hatte meinen Spaß! So soll es im Urlaub sein!“ Entspannt und fröhlich machte sich Raffaela auf den Rückweg ins Hotel. Es war Zeit, sich um den Sonnenbrand zu kümmern.