Ich sitze auf einem Klappstuhl vor der geschlossenen Tür zu meinem Schlafzimmer, den Kopf gesenkt, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, und lausche den gedämpften Geräuschen von drinnen. Sie lassen mich schon seit Wochen nicht mehr zusehen. Nach einigem Herumdrucksen hat Emily klar ausgesprochen, warum: „Ehrlich gesagt… du ruinierst uns die Stimmung.“ Sofort danach hatte sie ihre wasserblauen Augen schüchtern abgewandt, wie es ihre Art war, und sich eine Strähne ihres langen, goldblonden Haares hinters Ohr gewischt.
Jetzt war sie meinem Blick entzogen, doch ich kann ihre Stimme auch durch die Tür überdeutlich hören. Vorallem aber höre ich das rythmische Quitschen und Knarzen des Bettes. Noch bis vor drei Monaten hat es nie Geräusche gemacht, aber in diesen Monaten hatte es auch einiges mehr aushalten müssen.
„Jaaa! Jaaa! Jaaa!“, schreit Emily ekstatisch und die Aufschreie kommen im gleichen Rythmus wie der des Betts. „Achmed! Oh Gooott, Achmed!“ Wie sehr hatte es mich zu Anfang angeturnt zu hören, wie ihr zartes Stimmchen diesen harten, fremdländischen Namen ihres Lovers stöhnte… Nun sitze ich hier, habe schon vor einer Stunde fertiggewichst und hatte Zeit mich zu waschen und umzuziehen. Aus Erfahrung weiß ich, dass Achmed noch lange nicht fertig. Er ist wie eine Maschine, der nie die Energie ausgeht. Und Emily nimmt ihm seinen Überfluss an Potenz nur zu gern ab.
„Es macht mir nicht mehr so viel Spaß wie früher“, gestand ich Emily letzte Woche. Sie sah mich an und in ihrem Gesicht mischten sich Verwirrung und… Genervtheit? „Schatz, es war deine Idee“, erinnerte sie mich, kam auf mich zu und berührte sanft meinen Arm. „Du wolltest, dass ich es ‚mal mit einem Dunkelhäutigen probiere‘, wie du gesagt hast. Ich habe es probiert und es gefällt mir sehr. Wo liegt das Problem?“ Sie gab sich Mühe, verständnisvoll zu klingen, aber der drohende Unterton entging mir nicht. Konnte ich sie wirklich vor die Wahl stellen zwischen mir und Achmed…?
Gedämpfte Kussgeräusche von jenseits der Tür. Auch jetzt hört Achmed nicht auf, seinen gigantischen Schwanz in sie zu hämmern. Er ist kein romantischer Liebhaber. Er ist ein gnadenloser Eroberer. Dieses Wort hatte schon in seinem Dating-Profil gestanden.
„Achmed – 25 – Eroberer – ☪️“
Ich konnte sofort sehen, dass er Emily gefiel. Vorher war sie noch unsicher gewesen, ob sie dieses „Cuckolding“ wirklich – mir zuliebe – ausprobieren wollte. Aber diese knappen, selbstbewussten, selbsterklärenden Worte und dazu die Fotos seines halbnackten Adoniskörpers hatten die Wende gebracht. Emilys blasse Haut war zart errötet und ihre Finger hatten mit dem Kreuz an ihrer Halskette gespielt. Ihr Herzschlag war zweifellos so rasend geworden wie meiner.
„Wenn meine Eltern das wüssten…“, hatte sie nervös gekichert, als sie sich für unser erstes Treffen mit Achmed fertigmachte. Hinreißend hatte sie in dem kurzen roten Kleid ausgesehen, dass sie extra für diesen Anlass ausgesucht hatten. „Wenn sie wüssten, dass ich mit einem Moslem… mhm… sie würden mich enterben.“ Wie aufgeregt war ich damals gewesen. Erregt und leidenschaftlich in sie verliebt wie am ersten Tag. Und wie sehr hatte die Eifersucht gestochen, als Achmed meiner Freundin zum ersten Mal seinen Prachtspeer in natura zeigte. Wie ihre wasserblauen Augen sich geweitet und verträumt geglitzert hatten, als sie in einen Bann geschlagen worden…
„Jaaa, Achmed, nimm mich! Nimm deine kleine Christenschlampe! Ich gehöre dir! Nur dir!“, kreischt Emily von jenseits der Tür. Vor drei Monaten wären solche Töne aus ihrem Mund unvorstellbar gewesen. Aber ich hätte mir ja auch nicht vorstellen können, dass meine größte und wildeste Fantasie sich in einen nie endenden Alptraum verwandeln könnte. Gibt es überhaupt noch einen Ausweg aus dieser Misere?
„Was auch passiert“, hatte Emily am Abend jenes ersten Treffens mit Achmed gesagt, während sie ihre schwarzen High Heels an die Füße zog,“und was ich vielleicht auch sagen mag: Ich liebe nur dich. Vergiss das nicht.“ Dann war sie aufgestanden – zehn Zentimeter größer als sonst – , war zu mir herübergekommen und hatte mir einen Kuss auf die Wange gehaucht, um ihren farblich zum Kleid passenden Lippenstift nicht zu verwischen.
„Oh, Achmed“, kommt es jetzt von drinnen. Nach meiner Zählung mindestens ihr vierter Orgasmus heute Abend. „Ich liebe dich! Ich liebe dich, Achmed, oh mein Gooooott! Ich liebe dich!“ Ich schlucke heftig. Mein Herz wird zu Eis. Zu gerne würde ich glauben, dass es ihr nur im Eifer des Gefechts rausgerutscht ist. Aber wäre das nur eine billige Selbsttäuschung?
Das Knarzen und Quietschen des Bettes geht pausenlos weiter und weiter. Es ist kein Ende in Sicht.